Hiiumaa - die unbekannte Trauminsel
Fernab der ausgetretenen Touristenpfade und dennoch mit allem ausgestattet, was den Urlaub an der Ostsee seit Generationen so populär hält? Estland macht es möglich. Vor allem Hiiumaa, die zweitgrößte Insel des Landes, ist ein fast unentdecktes Paradies für Aktivurlauber.
Unübersehbares Wahrzeichen ist der Leuchtturm aus dem 16. Jahrhundert, der als drittältester der Welt gilt und noch immer in Betrieb ist. Das Leuchtfeuer kann bis aus 65 Kilometer Entfernung gesehen werden, und von der Aussichtsplattform des mehr als 500 Jahre alten Turms haben Besucher eine unvergleiche Aussicht über die dicht bewaldete Insel. Der Turm steht auf der Halbinsel Tahkuna, deren wilde Küste am Strand noch immer mit Findlingen aus der Eiszeit bedeckt ist.
Kiefern-, Laub- und Fichtenwälder sind ideal für Spaziergänge, Wanderungen, Reit- und Radtouren. Wacholderhaine verleihen der Luft ein würziges Aroma. Wasserratten können sich in die Seen oder am Badestrand Luidja amüsieren. Die Ostsee ist zwar außer im Hochsommer relativ kühl, aber dafür ist sie auch wie gemacht für Segler und Surfer.
Estland gehört zudem zu den Reisezielen, die selbst für Studenten mit einem knappen Budget auf der Urlaubsliste stehen sollten. Kaffee für unter einem Euro, günstiges Bier, fast überall kostenloses WLan und günstige öffentliche Verkehrsmittel machen den Low-Budget-Urlaub auch ohne große Abstriche möglich. Dafür gibt es außer Natur satt jede Menge lebendige Geschichte.
Gänsehaut erzeugen die aus sowjetischen Zeiten stammenden Betonbunker am Waldesrand, in denen im Zweiten Weltkrieg die Inselbewohner Schutz gesucht haben, während sich russische und deutsche Soldaten bekämpften.
Das erst seit einem knappen Vierteljahrhundert autonome Estland hat eine wild bewegte Vergangenheit. Dänisch, schwedisch, russisch, deutsch – die Fremdherrschaft wechselte, hielt aber nie auf Dauer an. Was geblieben ist auf Hiiumaa, ist die Dominanz der Frauen. Während die Männer auf dem nur 22 Kilometer entfernten Festland oder gar im Ausland ihr Brot verdienen, sind die Frauen auf der Insel aktiv. Das gilt auch für den Tourismus auf dem 12.000 Einwohner zählenden Eiland.
Die Natur bestimmt das Leben hier – und die Technologie. So abgeschieden die Finnland gegenüberliegende Insel auch wirken mag, so aufgeschlossen sind die Bewohner, wenn es um Internet und Handys geht. Die scheuesten Insulaner sind allerdings nicht so leicht wie die Trachten tragenden Folkloretänzer, Chöre und andere Traditionsträger vor die Kameralinse zu bekommen. Hiiumaa ist nämlich dank seiner dichten Wälder auch Heimat für Elche, Rothirsche, Luchse, Rehe und Wildschweine.
Viele der Trachten stammen aus inseleigener Fertigung. Die auf der Halbinsel Kassari angesiedelte Spinnerei Hiiu Vill verwandelt seit 1992 Wolle in Garn, das auch für im Laden nebenan verkaufte Strickjacken, Wollsocken, Handschuhe und andere Wollsachen verwendet wird.
Ruhig und erholsam geht es auf der Insel zu, deren Hauptattraktion seit jeher Strand und Ostsee sind. Baden und sich an der Küste die frische Luft um die Nase wehen lassen besitzen nicht nur für die Insulaner eine fast therapeutische Wirkung. Dabei bleibt die Verbindung mit der Außenwelt stets erhalten. Wenn das Wasser im Winter gefriert und die Fähren ihren Betrieb einstellen müssen, wird stattdessen eine Eisstraße benutzt. Hiiumaa ist damit zu jeder Jahreszeit erforschenswert.
15. Oktober 2019 19:44